6. Augsburger Technologietransfer-Kongress im Zeichen der Zukunft

Der 6. Augsburger Technologietransfer-Kongress am 30. März sucht dieses Jahr nach Antworten auf wichtige Zukunftsherausforderungen. Dabei spielt auch Ressourceneffizienz eine wichtige Rolle. Der renommierte Zukunftsforscher Dr. Siegfried Behrendt vom Institut für Zukunftsstudien wird im Rahmen des Kongresses einige der wesentlichen Herausforderungen umreißen. In einem Vorab-Interview hat er uns einen Einblick in wichtige Zukunftstrends gegeben.

Die Welt von Morgen: Worauf müssen sich Unternehmen einstellen? Ein Interview mit Dr. Siegfried Behrendt vom Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung

Herr Dr. Behrendt, wie müssen wir uns die Welt von Morgen für Unternehmen vorstellen?

Das hängt natürlich auch etwas vom betrachteten Zeithorizont ab – je weiter wir in die Zukunft blicken, umso unsicherer werden Prognosen. Es gibt aber einige zentrale Einflussfaktoren und globale Entwicklungen, die Unternehmen unbedingt im Blick behalten sollten, um Risiken zu vermeiden oder auch Chancen zu nutzen. Jedes einzelne Unternehmen muss selbst prüfen, wie sich diese Entwicklungen auf die eigenen Tätigkeiten auswirken werden, welchen Anpassungsdruck es geben wird und welche neuen Geschäftsfelder sich eröffnen.

Was sind Ihrer Meinung nach die aktuell wichtigsten Entwicklungen, die Unternehmen auf keinen Fall aus dem Blick verlieren sollten?

Das für Unternehmen allgegenwärtige Dauerthema Digitalisierung gehört natürlich dazu: Durch das Vordringen der Digitalisierung in Wirtschaft und Alltag werden ganze Teilbereiche der Wirtschaft infrage gestellt oder kannibalisiert durch völlig neue Anbieter, die aus der Informations- und Kommunikationswirtschaft stammen.

Ein weiterer wichtiger Trend, der zu ganz neuen Dienstleistungssystemen führen wird, ist zudem der aktuelle Wertewandel, gut nachzuweisen etwa bei jugendlichen Smartphone-Nutzern: Klassisches Eigentum verliert als Wert an Bedeutung. Sharing Modelle können dadurch in völlig neue Bereiche vordringen und damit klassische Geschäftsmodelle in Gefahr bringen.

Ein Thema, das alle Unternehmen weitaus stärker betreffen wird, als es in der heutigen ökonomischen Diskussion manchmal berücksichtigt wird, sind zudem die gravierenden anstehenden ökologischen Veränderungen: Der Klimawandel wird von allen Akteuren gewaltige Anpassungsleistungen erfordern, alle Märkte erfassen und einen globalen Strukturwandel erfordern. Die Weltwirtschaft muss sich auf eine Decarbonisierung also auf eine komplett neue Rohstoffbasis einstellen. Das erfordert eine vollkommen andere Wirtschaft. Das betrifft nicht nur die Energiewirtschaft, sondern alle Sektoren von der Landwirtschaft über den Verkehr, den Bau, die Industrie… Das Klimaabkommen von Paris hat eine hohe Relevanz in der Umsetzung und wird auch zu Restriktionen führen. Hierauf müssen sich Unternehmen vorbereiten und ihre Strategien und Geschäftsfelder rechtzeitig anpassen.

Unternehmen müssen sich zudem zukünftig wesentlich stärker als bislang mit der Kritikalität von Rohstoffen und Ressourcen beschäftigen. Auch wenn viele Rohstoffe geologisch gesehen nicht unbedingt knapp werden, ist durch Angebots- und Nachfragestrukturen und Handelsrestriktionen mit starken Preisschwankungen und Verfügbarkeitsrisiken zu rechnen.

Was sollte Unternehmen beim Gedanken an die „Welt von morgen“ am meisten beunruhigen?

Besondere Herausforderungen lauern überall da, wo Disruptionen eintreten, also schlagartige gesellschaftliche, ökonomische oder politische Veränderungen, die Wertschöpfungsketten massiv beeinflussen, zerstören oder komplett neu aufbauen. Technologien und Entwicklungen wie autonomes Fahren, Sharing-Modelle und E-Mobilität konfigurieren Wertschöpfungsketten völlig neu. Da z.B. Batterien hierzulande nicht produziert werden, hierin aber viel Technologie steckt, sind hier erhebliche Umbrüche in der Entwicklung von Arbeitsplätzen zu erwarten.

Unternehmen, die solche Disruptionen nicht vorhersehen und sich darauf einstellen, werden erhebliche Probleme bekommen. Dies sieht man heute gut an der Energiewirtschaft, die sich nicht rechtzeitig auf die Energiewende vorbereitet hat und derzeit zusätzlich eine Hybridisierung von Informations- und Kommunikationstechnologie und Energiewirtschaft erlebt. Die Marktkapitalisierung dieser Unternehmen ist stark zurückgegangen.

Disruptive Entwicklungen drohen auch durch politisch-gesellschaftliche Machtverschiebungen, Stichwort China. Auch die sich abzeichnende Entwicklung der Wirtschaft von einem liberalen Weltwirtschaftssystem hin zu protektionistisch geprägten Ansätzen, Stichwort Brexit, Trumpp, wird Unternehmen vor Herausforderungen stellen.

Was ist Ihrer Meinung nach der in der öffentlichen Diskussion am meisten unterschätzte Zukunftstrend?

Am meisten unterschätzt und als viel zu wenig dringlich bewertet werden meiner Meinung nach einige wesentliche ökologische Risiken. Es wird zum Beispiel viel über Klimaschutz geredet, aber wenig über Stickstoff. Dabei wird die Herausforderung hier langfristig möglicherweise noch größer sein, weil die Grenzen des Systems schon überschritten sind. Die Grenzen der industriellen Landwirtschaft sind an Stickstoff geknüpft, hier sind erhebliche Probleme für Boden und für die Wasserversorgung zu erwarten. Das betrifft nicht nur die Nahrungsmittelproduktion, denn die Landwirtschaft ist ja auch als Rohstofflieferant relevant.

Ebenfalls stark unterschätzt wird die drohende Flächenverknappung durch den Anstieg der Weltbevölkerung und die zunehmende Rohstoffnachfrage durch steigenden Konsum. Fruchtbare Flächen gehen bereits heute dramatisch zurück. In der Welt von morgen werden Flächen für alle Arten von Nutzungen ein knappes Gut sein.

Was raten Sie Unternehmen, um sich auf die Welt von morgen vorzubereiten?

Unternehmen müssen ihr Umfeld unter Berücksichtigung der oben genannten Trends kontinuierlich genau beobachten. Wichtig sind dabei das Monitoring und die Früherkennung von Trends, auch wenn sie sich noch nicht unbedingt heute schon in lukrative Märkte verwandelt haben. Unternehmen sollten sich Innovationsarenen auch außerhalb ihres klassischen Portfolios suchen und ihr klassisches Portfolio immer wieder kritisch infrage stellen. Je nach ihrer Marktposition können sie so frühzeitig neue Märkte aktiv mit entwickeln.

6. Augsburger Technologietransfer-Kongress

30. März 2017

im Insitut für Physik der Universität Augsburg

und dem Technologiezentrum Augsburg

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